Renaturierung Krummesser Moor

Ein CO2-Speicher mit großem Potential für den Artenschutz wird vernässt

Renaturierung Krummesser Moor © Hansestadt Lübeck

Eines der größten entwässerten Niedermoore im Lübecker Raum ist das Krummesser Moor zwischen Lübeck und dem Herzogtum-Lauenburg. Entwässerte Moore sind eine Quelle von Treibhausgasen. Von einer guten Klimabilanz ist es daher aktuell weit entfernt.

Die Hansestadt Lübeck will dies ändern, die wichtige Speicherfunktion für Kohlenstoff erhalten und verbessern und damit die großen Möglichkeiten für mehr Natur- und Klimaschutz nutzen. Moorschutz ist ein wichtiger Hebel im Masterplan Klimaschutz aus dem Bereich Landnutzung und Boden.

„Durch eine vollständige Wiedervernässung des ca. 120 Hektar großen Kerngebiets ließen sich bis zu 2.000 Tonnen CO2 pro Jahr an Treibhausgasemissionen vermeiden“, erklärt Umweltsenator Ludger Hinsen bei einem Vor-Ort-Termin. Er ergänzt: „Die weitergehende Vernässung des Krummesser Moors ist eines der Leuchtturmprojekte zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel in der Hansestadt Lübeck.“

Die Planungen und Maßnahmen zur Erhöhung des Wasserstandes im Krummesser Moor reichen gut 20 Jahre zurück. Seither sind viele kleine Schritte hin zu einer teilweisen Vernässung erfolgt. Mit der Anlage von Moorblänken wurde Material zur Verschließung von Binnengräben gewonnen. Weite Teile des vormals intensiv genutzten Grünlandes haben sich durch Veränderungen der Wasserstände und Nutzungsumstellung zu artenreichen Feuchtwiesen entwickelt. Entstanden sind Feuchtbrachen und Feuchtgebüsche. „Doch noch immer entzieht das alte System der Binnengräben, die in die beiden Hauptvorfluter, den Krummesser Moorgraben und den Beidendorfer Landgraben entwässern, dem Moorkörper kontinuierlich Wasser“, erklärt Ingrid Bauer, Projektleiterin in der Unteren Naturschutzbehörde (UNB).

Langfristiges Ziel ist die Anhebung des Grundwasserspiegels auf das ursprüngliche Niveau in den tiefsten Teilen des Moorkörpers. Damit wird die Treibhausgasemission reduziert und die Fähigkeit, Kohlenstoff zu binden, wiederhergestellt. Neben der Binnenvernässung sind dazu Maßnahmen zur Regulierung des Wasserabflusses an den Hauptvorflutern erforderlich. Im Jahr 2021 wurden drei regulierbare Staubauwerke in den Krummesser Moorgraben eingebaut. Sie drosseln den Wasserabfluss.

Parallel dazu wurden südlich des Moorgrabens weitere Binnengräben verschlossen und Grundwasserblänken ausgehoben. „Davon werden vor allem Moorfrosch, Teichfrosch, Laubfrosch und Erdkröte sehr profitieren“, so die Prognose von Bettina Koch, Leiterin der UNB. „Diesen heimischen Amphibien macht die zunehmende Verlandung der älteren Kleingewässer und das Fehlen offener Wasserflächen im Moor aktuell schwer zu schaffen“.

Im Krummesser Moor ist die Veränderung der Artenzusammensetzung unübersehbar. Aktuelle Untersuchungen von Libellen zeigen ein vergleichsweise individuen- und artenarmes Vorkommen. Moortypische Vertreter wie die Schwarze Heidelibelle, Kleine Moosjungfer oder Grüne Mosaikjungfer fehlen.

Durch die verstärkten Bestrebungen zur Vernässung der tiefst gelegenen Moorbereiche in Verbindung mit dem großflächigen Erhalt der extensiven Grünlandnutzung in den höher gelegenen Bereichen bestehen berechtigte Aussichten, dass ursprünglich hier vorkommende Arten wieder einwandern. Intakte Moore sind Lebensräume für eine Vielzahl von Arten, die sich an diesen feuchten und nährstoffarmen Lebensraum angepasst haben und die anderswo nicht überlebensfähig sind.

Schon heute ist die Umgebung rund um das Krummesser Moor, nordöstlich von Krummesse, ein beliebtes Naherholungsziel für Anwohner:innen und Naturbegeisterte aus der Stadt und der ganzen Region. Die abwechslungsreiche Landschaft, bestehend aus Mähwiesen und Rinderweiden gemischt mit ausgedehnten Hochstaudenfluren, Seggenriedern und Gebüschen, bietet hervorragende Möglichkeiten, Vögel zu beobachten. Die beste Zeit zum Hören von Vogelstimmen ist der frühe Morgen. Insbesondere typische Wiesenvögel wie Feldlerche, der Wiesenpieper und das Schwarzkehlchen sind im Krummesser Moor zu Hause. Sumpfrohrsänger, Feldschwirl und Rohrammer bevölkern vor allem die Hochstaudenfluren und Seggenrieder. In dem teilweise von Weidengebüsch durchzogenen Offenland leben ebenso Kraniche, Neuntöter und Grauammern. Aber Vorsicht, die gefiederten Freunde werden durch Hunde leicht aufgescheucht und beim Brüten gestört, deswegen sollten zum Schutz der Vögel Hunde immer an der Leine geführt und die Wege nicht verlassen werden.

Auch botanisch Interessierte haben beim Durchstreifen des Moors ihre Freude. Im Frühling prägen das zart rosafarbene Wiesenschaumkraut, die kräftig violette Kuckuckslichtnelke und das Sumpfvergissmeinicht den Anblick der noch gemähten Feuchtwiesen. Wo es richtig nass wird, leuchtet schon von Weitem die Sumpfdotterblume. In den Moorseitengräben sind zudem besondere Arten wie der Fieberklee zu entdecken.

Vom Moor- und Klimaschutz profitieren am Ende alle: Landwirte, die im Moor wirtschaften ebenso wie Erholungssuchende, die sich an der Schönheit der Landschaft erfreuen und nicht zuletzt die Vielfalt der spezialisierten Pflanzen- und Tierarten.


Hintergründe zur Klimafunktion von Mooren in der Landschaft:

Klimaschutz:

Im Vergleich zu anderen Ökosystemen ist das Potential Emissionen zu reduzieren bei Mooren besonders groß. Moore entziehen der Atmosphäre weltweit jedes Jahr 150 – 250 Mio. Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2). Sie wirken als Kohlenstoffsenke und tragen als CO2-Speicher zum Klimaschutz bei.

Allerdings sind viele Moore trockengelegt, um die landwirtschaftliche Nutzung zu verbessern. Durch die Entwässerung von Moorflächen gelangt Luft in den Moorkörper und Torf wird mineralisiert. In der Folge wird nicht nur Kohlenstoffdioxid (CO2), sondern auch Distickstoffmonoxid (N2O, Lachgas) und das besonders klimaschädliche Methan (CH4) freigesetzt. Zwar entsteht durch die Abbautätigkeit von Bakterien unter Sauerstoffabschluss auch in intakten Mooren klimawirksames Methan, dass in die Atmosphäre entweicht, die Kohlenstoffbilanz natürlicher Moore bleibt aber dennoch positiv.

Anpassung an den Klimawandel:

Intakte Moore wirken wie ein überdimensionaler Schwamm in der Landschaft und übernehmen die wichtige Funktion, Wasser in der Landschaft zurückzuhalten. Weiterer Positiveffekt: Moore sind Verdunstungsflächen, sie wirken sich kühlend auf das regionale Klima aus und tragen so spürbar zum persönlichen Wohl an heißen Sommertagen bei.

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