Gedanken zum Film Gunda von Sylka Eichhof

Gestern Nachmittag war mir nach viel Ruhe, Zufriedenheit und Entschleunigung  zumute. Ich gönnte mir eine Teestunde, ganz für mich allein und legte mir die DVD mit dem Titel Gunda ein. Der Produzent dieses Films ist Oscar Preisträger, Produzent und Tierrechtsaktivist Joaquin Phoenix. Die Dokumentation handelt über die Koexistenz zwischen Mensch und Natur und erzählt das Leben eines Hausschweins, einer Hühnerschar und einer Rinderherde auf Augenhöhe. Der Film führte mir wieder einmal vor Augen, dass Tiere Freude, Leid, Verlust und Trauer empfinden und dass meine heutige Lebensweise bestätigt wurde, vegan zu leben.


Meine Vorstellung, die ich als Kind hatte, über ein glückliches Leben der Tiere, wurde spätestens zerstört als ich 17 Jahre alt war.


Meine ganz persönliche Geschichte begann, als ich meine Ferien auf dem Viehhof der Eltern meiner Freundin verbrachte. Der Vater meiner Freundin mästete Kälber, die kurz nach der Geburt von ihren Müttern, die als Milchkühe dienten, entrissen wurden. Ein halbes Jahr lang wurden diese armen Kälber in Anbindehaltung gemästet und danach, ohne jemals auf der Weide getobt  zu haben, auf Viehtransporter getrieben und zum Schlachthof gefahren. Die Transporte übernahm der Vater selbst, er fuhr nicht nur Rinder, sondern auch Schweine. Eines Tages sollte ich erfahren, wie es sich anfühlt, einen Schlachttransport zu begleiten. An diesem Morgen herrschte auf dem Viehhof Not am Mann und ich wurde von dem Vater meiner Freundin zur Hilfe eines Transportes mit Schweinen eingeteilt. Die Schweine waren in heller Aufruhr, als sie auf den Todestransporter getrieben wurden. Sie schrien und es war viel zu eng auf den Ladeflächen. Allein das mit anzusehen, weckte in mir eine tiefe Traurigkeit, aber es sollte noch schlimmer kommen. Ich stieg auf der Beifahrerseite des Lasters ein. Wir waren noch nicht ganz aus dem Dorf gefahren, da fingen die Schweine entsetzlich an zu schreien. Der Vater meiner Freundin hielt von einer Sekunde zur anderen den Transporter an der Seite der Straße an, sprang aus dem Führerhaus, sah in den Transporter und rannte wie vom Blitz getroffen zu einem der gegenüberliegenden Häuser. Nach extrem kurzer Zeit kam er mit einem großen Küchenmesser in der Hand heraus gerannt, zurück zum Transporter auf dem die Schweine schrien. Übel und entsetzt vom Anblick des blutigen Messers schaute ich den Vater meiner Freundin an, der mir nur kurz entgegnete, „eines der Schweine musste ich abstechen“. Danach setzen wir die Fahrt fort. Nach einer halben Stunde erreichten wir den Ort, der für die Schweine, die wir transportierten, die letzte Fahrt war. Dieser Ort, der sich Schlachthof  nannte, wurde zum Wendepunkt in meinem Leben. An diesem schrecklichen Ort sah ich verängstigte Rinder, Schweine, Pferde, Ponys und eine Ziege, die an einer weißen Steinmauer angekettet war und am ganzen Körper vor Angst zitterte. Mittlerweile war ich aus dem Führerhaus ausgestiegen und stand mitten in einem mir unwirklichen Alptraum. Plötzlich sah ich einen Schlachter mit einem Gewehr zu einem kleinen Tiertransporter mit Pferdeanhänger an mir vorbeirennen. Die Heckklappe des Anhängers war bereits heruntergeklappt. Eine Kuh mit Milchfieber, die nicht mehr aufstehen konnte und sich fürchterlich vor Schmerz windete, wurde am Strick brutal von gefühllosen  Mitarbeitern des Schlachthofes von der Anhängerrampe gezerrt. Nachdem diese, für mich so wunderschöne Kuh, vom Hänger gezogen war, erschoss der Schlachter sie.
Bereits am nächsten Tag bin ich Vegetarier geworden. Heute lebe ich vegan.

Solche Szenen, wie ich sie erlebt habe, zeigt der Film Gunda nicht. Auch wenn der Film eine wünschenswertere, tierfreundlichere Haltung zeigt, deren Protagonisten eigene Empfindungen besitzen - ein glückliches Ende wie im Märchen, gibt es trotzdem nicht für sie.

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